Berlin legt Kaufprämie für Elektroautos auf
Der Berliner Senat fördert die Anschaffung gewerblicher Elektrofahrzeuge mit bis zu 8000 Euro. Die Bundesministerien rufen Investitionsmittel nicht ab. (von Henrik Mortsiefer)
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Gerade einmal 0,3 Prozent der gut 1,2 Millionen in Berlin zugelassenen Pkw haben einen Elektromotor. Damit liegt die Hauptstadt bundesweit im Negativtrend. Der Senat versucht das seit Jahren mehr schlecht als recht zu ändern. Nun soll Geld fließen, damit Elektroautos zumindest für Gewerbetreibende, Selbstständige und gemeinnützige Betriebe attraktiver werden.
Wirtschaftssenatorin Ramona Pop (Grüne) will an diesem Montag das zum 1. Juli aufgelegte Programm „Wirtschaftsnahe Elektromobilität“ vorstellen, das der Senat nach dem „Dieselgipfel“ im Roten Rathaus im Januar angekündigt hatte. Der mit sechs Millionen Euro ausgestattete Fördertopf, der aus dem Landeshaushalt finanziert wird, sieht Kauf- und Leasingprämien von bis zu 8000 Euro für reine E-Autos, Plug-in-Hybride, Brennstoffzellenfahrzeuge oder E-Roller und E-Bikes vor. Finanziell unterstützt werden nach der Förderrichtlinie, die dem Tagesspiegel vorliegt, auch der Aufbau von Ladesäulen und Schulungen.
Berliner Zuschuss zusätzlich zum "Umweltbonus" des Bundes
Besonders attraktiv: Die nicht rückzahlbaren Zuschüsse, die über die landeseigene Investitionsbank IBB ausgereicht werden, gibt es zusätzlich zu dem von Bund und Industrie gezahlten „Umweltbonus“ von bis zu 4000 Euro. Außerdem erhalten Autofahrer eine Abwrackprämie von 1000 Euro (1500 Euro für leichte Nutzfahrzeuge), wenn sie einen Euro-4- Diesel oder -Benziner verschrotten.
Die politische Diskussion um zu hohe CO2-/Stickoxid- und Feinstaubbelastungen habe deutlich gemacht, „dass dringend Maßnahmen ergriffen werden müssen, um drohende Fahrverbote in der Innenstadt zu vermeiden“, heißt es in der Präambel der Richtlinie. Angesprochen werden sollen mit der Förderung deshalb Verkehrsteilnehmer, die besonders häufig mit dem Fahrzeug in der Innenstadt unterwegs sind: Taxibetriebe, Kurier- und Lieferdienste, Handwerker, Fahrschulen, Pflege- und Sozialdienste oder Mietwagen- und Carsharinganbieter.
Konkret fördert Berlin bis Ende 2019 die Anschaffung elektrischer Neu- oder Jahreswagen (Pkw oder leichtes Nutzfahrzeuge bis 2,25 Tonnen) mit 4000 Euro (Batterie oder Brennstoffzelle) beziehungsweise 3000 Euro (Plug-in). Leichte Nutzfahrzeuge bis 4,25 Tonnen, die es in elektrischer Form noch nicht auf dem Markt gibt, die aber von den Herstellern angekündigt wurden, werden künftig mit bis zu 8000 Euro gefördert. Käufer von E-Zweirädern erhalten 500 Euro. Ein Renault Zoe, das beliebteste E-Modell in Deutschland, würde inklusive Prämien (Berlin, Bund, Abwracken) dann statt 21 900 Euro nur 12 900 Euro (zuzüglich Batteriemiete) kosten.
Auch der Aufbau von Ladepunkten wird gefördert
Um auch die Lücken in der Ladeinfrastruktur zu schließen, reicht das Land für den Aufbau von öffentlich zugänglichen oder privaten betrieblichen Ladesäulen 2500 Euro pro Normalladepunkt und bis zu 30 000 Euro pro Schnellladepunkt aus. Auch der Anschluss an das Stromnetz wird gefördert. Nach Angaben der Bundesnetzagentur gibt es in Berlin 324 Ladesäulen, die mit ein bis vier Ladepunkten ausgestattet sind. Das schwach ausgebaute Netz ist für viele Verbraucher ein Grund, kein Elektroauto zu kaufen. Obwohl viele nur in der Stadt auf kurzen Strecken unterwegs sind, ist die Angst verbreitet, mit leerer Batterie liegen zu bleiben.
Dass nicht nur gewerbliche und private Käufer oder Leasingkunden Abstand von Elektroautos nehmen, sondern auch die Politik selbst weit hinter ihren Ankündigungen zurückbleibt, zeigt der Fuhrpark der Bundesregierung. Obwohl seit gut zwei Jahren 100 Millionen Euro bereitliegen, mit denen die Ministerien eigene Elektroautos beschaffen sollen, wurden bislang nur 2,4 Prozent dieser Mittel in Anspruch genommen. Dies geht aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Grünen-Bundestagsfraktion hervor, die dem Tagesspigel vorliegt. Demnach wurden seit Mai 2016 insgesamt nur 419 E-Fahrzeuge beschafft und gut 2,4 Millionen Euro ausgegeben. Die meisten E-Fahrzeuge schaffte das Verteidigungsministerium an (233), im Innenministerium waren es ganze vier, im Bundeskanzleramt drei. Berücksichtigt werden muss dabei allerdings , dass die Fuhrparks der Ressorts unterschiedlich groß sind.
Von ihrem 2016 selbst gesteckten Ziel, 20 Prozent ihres Fuhrpark zu elektrifizieren, ist der Bund also noch weit entfernt. Früheren Angaben zufolge liegt die Quote nur bei einem Zehntel des Zielwertes. „Bei der Bundesregierung scheitert der Umstieg auf die Elektromobilität nicht am Geld, sondern am fehlenden Willen“, sagte der verkehrspolitische Sprecher der Grünen-Fraktion, Stephan Kühn.
Quelle: Der Tagesspiegel