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Kampf ums letzte freie Grundstück an Berlins Prachtboulevard


Der Senat möchte das Areal neben der Komischen Oper zurückhaben und streitet mit dem Investor IVG vor Gericht.

Es ist das letzte freie Grundstück an Berlins Prachtboulevard: An der Ecke Unter den Linden und Glinkastraße klafft seit Jahrzehnten eine hässliche Lücke im Stadtbild, ein paar Autos parken dort auf unebenem Asphalt. Um dieses Areal neben der Komischen Oper wird nun mit harten Bandagen gekämpft. Der Berliner Senat und der Immobilienkonzern IVG ringen vor Gericht um das teure Filetstück. Im Juni trafen sich beide Parteien bereits vor dem Landgericht zur Verhandlung. Am 21. Juli wird nun ein Urteil erwartet.

"Ja, wir liegen in einem Rechtsstreit um das Grundstück", bestätigte Finanzsenator Matthias Kollatz-Ahnen (SPD). Weitere Auskünfte gibt er offiziell nicht zu dem Thema. Auch die IVG-Zentrale in Bonn möchte die Angelegenheit nicht kommentieren.

Die Vorgeschichte der aktuellen Eskalation reicht zurück bis ins Jahr 2000. Damals verkaufte der landeseigene Liegenschaftsfonds die Top-Immobilie an zwei mit der IVG verbündete Berliner Unternehmer. Reinhard Müller, inzwischen als Macher des Euref-Campus am Schöneberger Gasometer bekannt, und Ex-Senator Walter Rasch. Der Notar Klaus-Uwe Benneter, damals Mitglied des Abgeordnetenhauses, beurkundete den Kaufvertrag. 55 Millionen D-Mark, rund 28 Millionen Euro, sollten für die zwei Flurstücke zwischen Linden-Boulevard und Behrenstraße ans Land fließen. Aber der Vertrag enthielt einige Bedingungen. Unter anderem sollten die Käufer auch noch einen kleinen Grundstreifen längs der Komischen Oper erwerben. Und sie sollten vor allem bauen.

Einst gab es Pläne für ein Nobelhotel

Das ist bis heute nicht geschehen. Zwar hatte IVG immer mal Konzepte vorgestellt. 2003 wurde der Hotelkonzern Mandarin Oriental als möglicher Nutzer präsentiert. Die Vision war kühn, man wollte das Operngebäude komplett überbauen. Aber die Pläne scheiterten. Das lag auch an der komplizierten Situation auf dem Grundstück. Denn ein Technik-Gebäude der Komischen Oper ragt in das Rechteck hinein. Dort docken immer wieder Lastwagen an und liefern große Bühnenbilder oder anderes Material.

Es war immer das Ziel, das Nachbargrundstück gemeinsam mit dem sanierungsbedürftigen Opernhaus zu entwickeln. Die Investoren klagen, die Oper habe nie so richtig gesagt, was sie nun wolle.

Die Diskussionen um das Filetstück gingen jahrelang hin und her, Fristen wurden gesetzt und verstreichen gelassen, eine Lösung gab es nicht. 2014 beschloss das Land, seine Option zu ziehen und den Vertrag aufzulösen, weil die Bedingungen nicht eingehalten worden seien. Zudem habe die Gegenseite inzwischen wenig mit dem ursprünglichen Käufer-Konsortium zu tun. Die beiden Berliner Geschäftsleute sind längst ausgestiegen.

Finanzsenator Kollatz-Ahnen ist bemüht, Ansprüche aus solchen Verträgen systematisch durchzusetzen und das Grundstück zurückzufordern. Zumal das Gelände inzwischen nach Schätzung von Experten wohl das Dreifache wert ist. Das Land mit seinem Rechtsanwalt Ulrich Schellenberg versuchte, den Grundbucheintrag der IVG löschen zu lassen, scheiterte damit aber im Dezember 2015 vor dem Amtsgericht Mitte. Daraufhin klagte der Senat im Januar 2016.

Die IVG hingegen verteidigt ihre Ansprüche, wirbt aber auch für eine gütliche Einigung. Wie es heißt, würde der Immobilienfinanzierer auch den Kaufpreis nachbessern, um im Geschäft zu bleiben. Die IVG möchte das Prestigeprojekt Unter den Linden auch nutzen, um sich in der Branche zurückzumelden. 2014 war die Firma wegen Überschuldung in die Planinsolvenz gerutscht. Seitdem wurde umstrukturiert und Immobilien für mehr als drei Milliarden Euro an den US-Investor Blackstone verkauft. Gerne würde die IVG nun mit der Komischen Oper und dem Land eine Lösung für die komplizierte Ecke diskutieren.

Aber Berlin hat noch keinen genauen Plan für die Oper, wie Kultursenator Klaus Lederer (Linke) bestätigt. Bisher ist die Rede davon, ab 2022 zu sanieren. Dafür sind 200 Millionen Euro vorgesehen. Weil das Konzept noch unklar ist, möchte der Senat das Nachbargelände komplett zurückhaben. Ohne zu wissen, was auf dem Filetstück genehmigt wird, könne man auch noch keinen Wert des Geländes festlegen, heißt es in Senatskreisen. Es sei aber zunächst nicht daran gedacht, das Areal wieder zu verkaufen.

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