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Netzerweiterung - Erste Straßenbahnen befahren neue Strecken nicht vor 2021


(von Peter Neumann)

So viel Euphorie hat man von Berliner Verkehrsplanern schon lange nicht mehr gehört. „Es läuft wirklich gut“, heißt es in der Senatsverwaltung. Drei Straßenbahnstrecken werden derzeit projektiert, in Friedrichshain, Moabit sowie zwischen Schöneweide und Adlershof. Für vier weitere Vorhaben haben die Vorbereitungen begonnen.

Doch trotz aller Freude: Bis die Schienen liegen und die Bahnen fahren können, wird noch viel Zeit vergehen. Gut möglich, dass die ersten drei Netzerweiterungen erst in rund vier Jahren in Betrieb gehen. „2021 ist für alle drei als Enddatum vorgesehen“, sagte Petra Reetz, Sprecherin der Berliner Verkehrsbetriebe (BVG).

Es gibt Autofahrer, die die Straßenbahn nicht mögen, weil sie ihnen den Platz streitig macht. Von den Fahrgästen wird sie jedoch geschätzt, weil sie mit ihr meist zügiger vorankommen als per Bus. Wo immer Strecken in Betrieb gehen, lassen die Fahrgastzahlen die Vorhersagen hinter sich. Für die Trasse zum Hauptbahnhof wurden 20.000 Fahrgäste pro Tag vorhergesagt – tatsächlich sind es doppelt so viele. Die Straßenbahn macht aber auch Finanzern Freude, weil die Strecken billiger sind als U-Bahn-Tunnel.

Auch wenn viele Argumente dafür sprechen, in Berlin neue Strecken zu bauen: Es ist schwierig, und es wird immer schwieriger. „Mit den Jahren sind die Planungsverfahren immer komplizierter geworden“, so ein Beteiligter. Das bekommen die Planer, die seit mehr als anderthalb Jahren die nächsten Netz-Erweiterungen vorbereiten, zu spüren.

Ostkreuz ist fertig, die Tram nicht

Auch die jetzigen Projekte werden tagtäglich vielen Fahrgästen nützen – weil sie neue Verbindungen und zusätzliche Umsteigemöglichkeiten schaffen. Da ist zum einen die neue Strecke in Friedrichshain, die über die Sonntagstraße zum Ostkreuz führen soll. Dadurch kann der Bahnhof, in dem außer S-Bahnen viele Regionalzüge halten werden, endlich besser erreicht werden.

Für Moabit ist vorgesehen, die Ost-West-Strecke zum Hauptbahnhof bis zum U-Bahnhof Turmstraße zu verlängern und damit das Umsteigen zur U 9 zu erleichtern. Nicht zu vergessen das dritte Projekt: Im Südosten wird Schöneweide mit der Wissenschaftsstadt Adlershof direkt verbunden. Beiderseits der Trasse auf dem Groß-Berliner Damm entstehen Gewerbebauten – ebenfalls mit vielen potenziellen Fahrgästen.

Inzwischen laufen die Planungen auf Hochtouren. „Die gemeinsame Arbeit mit dem Senat im Lenkungskreis Straßenbahn ist sehr konzentriert und zielorientiert. Zu den drei Neubaustrecken Turmstraße, Ostkreuz und Adlershof sind wir auf Kurs“, sagte BVG-Sprecher Markus Falkner. Nur wenige Monate noch, dann könnten die Genehmigungsverfahren beginnen. „Wir gehen davon aus, alle drei Planfeststellungsverfahren in diesem Sommer einleiten zu können.“ Für ein weiteres Projekt, den Ausbau der Strecke zum Bahnhof Mahlsdorf, laufen noch die Abstimmungen.

Warum musste so viel Zeit vergehen? „Viele Schritte, die früher erst während des Verfahrens stattfanden, müssen heute vorgezogen werden“, so ein Planer. Für den zu erwartenden Lärm sind Gutachten erforderlich. Viele Beteiligte, die sich früher erst im Verfahren zu Wort melden durften, sollen jetzt schon vorher gefragt werden – allen voran die Verkehrslenkung Berlin (VLB), die obere Straßenverkehrsbehörde. Die VLB muss die Trassierung prüfen, und das dauert. Sie äußert auch schon mal Bedenken, wenn sie Konflikte mit dem Autoverkehr fürchtet.

So sieht nun der weitere Zeitplan aus: Wenn nicht Gerichtsverfahren den Start verzögern, kann nach der Genehmigung der Bau beginnen. „Für die Bauzeit können im Schnitt zirka 18 Monate angenommen werden“, so Matthias Tang, Sprecher von Verkehrssenatorin Regine Günther (parteilos). 2021 könnten die Bahnen rollen, so die BVG. Vielleicht auch schon 2020: „Wir streben an, früher fertig zu werden. Da wir die Dauer der Planfeststellungsverfahren kaum beeinflussen können, können wir nicht genauer werden.“ Egal, welches Jahr es wird: Für die Fahrgäste wird das Umsteigen am Ostkreuz noch lange unbequem bleiben. Dabei wird der Bahnhof weiter an Bedeutung gewinnen.

Die Deutsche Bahn will den Großteil des Umbaus zügig beenden, vom 10. Dezember an werden weitere Regionalzüge am Ostkreuz halten. Doch wer zur Straßenbahn will, muss weiterhin einige hundert Meter weit laufen. Heute stoppt die Linie 21 in der Boxhagener Straße.

Mitten durch den Görlitzer Park

Für die nächsten Neubauprojekte will der Senat weitere Planer einstellen. „Erste Ausschreibungen sind erfolgt“, sagte Tang. Auf der Liste steht die Trasse vom Alexanderplatz zum Potsdamer Platz und zum Kulturforum. Die BVG sucht nun ein Ingenieurbüro, das die Entwurfsplanung erstellt. Auch für die Anbindung des Neubaugebiets Blankenburger Süden im Nordosten Berlins laufen die Planungen an. Derzeit werden mögliche Trassen bewertet.

Hohe Priorität hat außerdem die Verlängerung der Moabiter Strecke nach Jungfernheide. Auch an einem Tramprojekt in Kreuzberg und Neukölln wird gearbeitet: Warschauer Straße – Hermannplatz. Bislang gab es im Bezirk Widerstand gegen den Plan, die Gleise durch den Görlitzer Park zu führen. Das ändert sich – weil ein Straßenbahnverkehr (mit Tempo 10) dazu dienen könnte, die Kriminalität im Park zu verringern.

– Quelle: http://www.berliner-zeitung.de/26304146 ©2017

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